Viele werden es kennen – Situationen, die in einem eine leichte bis starke Panik bzw. Angst auslöst. Das können Höhen sein, die einem Angst machen, Spinnen, vor denen man schreiend wegläuft, oder Menschenmengen.
Sie habe alle eins gemeinsam, sie machen einem Angst und Panik, beschleunigen den Puls. Es kann soweit gehen, dass es in einer Panikattacke endet. In einer solchen reagiert man nicht selten logisch und eher irrational.
Kommen diese Paniken, diese Attacken regelmäßiger oder gar täglich vor, können sie den Alltag erschweren, bis unmöglich machen.
Es ist noch gar nicht so lange her, da litt ich unter Panikattacken, die mein Leben lähmten.
Ein Jahr haben mich die Panikattacken so in ihrem Griff gehabt, dass ein Leben kaum noch möglich war.
In dem Audioboo und in diesem Artikel möchte ich dir davon berichten und beschreiben, wie ich es geschafft habe, meine Paniken ohne einen Psychologen zu überwinden.
Hinweis
Zunächst einmal möchte ich damit beginnen und davor warnen, wenn du als Leser auch unter Paniken leidest, die vielleicht ähnlich wie meine sind, meine Lösung ohne fachlichen Rat anzuwenden. Jede Person reagiert anders und kann zum Beispiel Ängste oder Paniken anders abbauen, verarbeiten oder beherrschen. Ich beschreibe im Folgenden nur, wie ich meine Paniken überwunden habe. Die ist keine Anleitung zur Überwindung von Panikattacken und kein medizischer Ratschlag!
Vorgeschichte meiner Panik
Ich weiß noch genau, wann ich meine erste Panikattacke erlitt. Ich ging damals noch auf ein privates Gymnasium auf dem Festland, es war kurz bevor ich auf ein Internat wechselte und musste mit öffentlichen Verkehrsmitteln, also Bus und Bahn, fahren, wenn meine Eltern mich nicht fuhren, was damals häufiger so war, weil ich nicht gefahren werden wollte, es war mir schlichtweg einfach zu peinlich.
Es an einem Februarmorgen 2004, genauer ein Dienstagmorgen vor den Zeugnissen. An diesem Tag sollte ich eine wichtige Deutschklausur schreiben. Bereits seit mehreren Wochen verschleppte ich eine Erkältung. Ich wollte aber nicht fehlen, weil die Zeugnisse anstanden und weil ich sowieso schon so viele Fehltage hatte.
Nachdem ich mit der Bahn in die Stadt meines Gymnasiums gefahren war, stieg ich in den Bus zur Schule ein und musste noch etwas Stadtverkehr überwinden. Ich war müde und schlief fast in dem Bus ein. Der Bus war genau so zeitlich geplant, dass ich pünktlich zur Klausur im Klausurraum gewesen wäre.
Die Busfahrerin, die den Stadtbus steuerte, muss neu gewesen, denn ansonsten kann ich das folgende kaum erklären. Sie verfuhr sich nämlich. Sie bog einmal falsch ab und stand vor einem Autohaus. In diesem Augenblick wurde ich wieder wach und erschrak furchtbar. Mich überkam eine innerliche Kälte, die vom Magenbereich abwärts zu den Füßen zog. Mein Herz begann zu rasen.
Es war meine erste Panikattacke. Ich hatte Angst, die Klausur zu verpassen und durch dieses eigenartige Gefühl der Panik, das ich vorher nie kannte, ich war immer stark, mir machte (außer Höhe und Spinnen) nie etwas aus, dachte ich völlig irrational, ich müsste sterben.
Dann doch noch angekommen in der Schule wollte ich die Klausur eigentlich schreiben, konnte es aber nicht und bat die Lehrerin, mich für den Tag zu entlassen. Was sie mir auch erlaubte.
Ich kurierte anschließend die Erkältung aus, allerdings konnte ich von diesem Tag an nicht mehr, ohne das Gefühl wieder Panik zu bekommen, was dann wiederum eine Panikattacke auslöste, mit Bus und Bahn fahren.
Die Paniken
Immer wieder wiederholte sich das Gefühl der Panik, dass es von meinem Magen abwärts alles kalt wurde und mein Herz begann zu rasen. Ich hatte immer mehr Angst, in diesen Augenblicken sterben zu können, zu müssen. Das schlimmste dabei war, dass ich alleine, weit weg von meinen Eltern und meinem Bruder hätte sterben müssen. Ich wollte das nicht.
Das alles verschlimmerte die Panikattacke.
Dies zog sich bis in die Unterrichtsräume herein. Irgendwann ging dann gar nichts mehr. Ich konnte zwar auf meiner Insel mit dem Rad und zu fuß alles erreichen, sogar segeln konnte ich alleine gehen, aber zur Schule konnte ich nicht mehr. Wenn ich alleine zuhause war, oder in meinem Zimmer mich alleine fühlte und auf mich konzentrierte, dann bekam ich in den Hochphasen sogar in diesen Augenblicken Panikattacken. (Einen Grund habe ich zum Beispiel in den Audioboos beschrieben.)
Meine Panik bzw. Paniken „lähmten“ mich komplett. Da ich diese Attacken aber nicht als Paniken erkannte und es für körperliche Beschwerden hielt, lies ich mich von nahezu allen Fachärzten, also auf dessen Fachgebieten, untersuche.
Die ärztlichen Untersuchungen
Da sich das Gefühl der Kälte ja primär im Magen- und Bauchbereich ausbreitete, habe ich mich von Internisten untersuchen lassen. So ließ ich mich endoskopischen (Spiegelungen) Untersuchungen, also Gastroskopie (Magenspiegelung, oder umgangssprachlich Schlauchschlucken) und Koloskopie (Darmspiegelung, das Endoskop kommt durch den After in den Darm), sowie Sonographie (Ultraschalluntersuchung) unterziehen.
Die ersten beiden waren OB (ohne Befund), bei der letzten Untersuchung (Sono), die eigentlich die erste war, kam ein Gallenstein heraus, der vermutlich noch immer in mir stumm schlummert.
Ein Arzt, der mich gut kannte, diagnostizierte dann bereits das richtige – Panikattacken – und wollte mich zu einem befreundenten Psychologen überweisen. Allerdings wollte ich zu diesem Zeitpunkt nicht einsehen, dass ich unter Paniken litt und ging nicht zum Psychologen.
Nichts ging mehr
Die Paniken zogen sich immer weiter. In der schlimmsten Phase konnte ich nicht einmal mehr, wie beschrieben, zur Schule gehen. Ich erkannte, dass es so nicht mehr weiterging. Wollte aber keine Medikamente schlucken, die ich zwar bereits erhielt, aber nicht länger nehmen wollte. Ich erkannte, ich musste die Angst überwinden.
Die Wege zurück ins Leben
Ich bin so ein Mensch, der gerne alles mit sich alleine ausmacht, sich seinen Gefahren stellt, um sie zu überwinden und so beschloss ich alleine Wege zu finden, die mich wieder ins Leben brachten.
Warnung
Bevor ich die hier aufzähle, möchte ich noch einmal einen Satz vom Anfang dieses Artikels wiederholen.
Ich warne davor, wenn du als Leser auch unter Paniken leidest, die vielleicht ähnlich wie meine sind, meine Lösung ohne fachlichen Rat anzuwenden. Jede Person reagiert anders und kann zum Beispiel Ängste oder Paniken anders abbauen, verarbeiten oder beherrschen. Dies ist keine medizinische Beratung und kein Lösungansatz.
Ich beschreibe im Folgenden nur, wie ich meine Paniken überwunden habe. Bei mir ging es gut, ich habe sie bisher überwunden, so dass ich wieder frei leben kann, es hätte aber auch genau anders passieren können und ich hätte mich noch mehr eingesperrt. An sich habe ich nur Glück gehabt, dass es zu keinen Komplikationen kam!
Und so verliefen meine Schritte ins Leben
Ich habe als erstes meinen ganzen Mut zusammengefasst und mich auf meine alten Stärken berufen, dass ich Problemen entgegentrete.
Als zweites dann begonnen, mir kleine Ziele vorzunehmen. So war mein erstes Ziel mit dem Bus zumindest bis Burg fahren zu können. Dabei nahm ich mir vor, wenn ich eine Panik bekommen hätte, dass ich an jeder Bushaltestelle hätte aussteigen können und mit dem nächsten Bus oder bestellen Taxi wieder zurück fahren hätte können.
Nachdem ich es bis Burg ein paar Mal geschafft hatte (ich weiß nicht, in welchem Zeitraum es genau war, ich glaube es waren fünf, sechs Fahrten), fuhr ich mit dem Bus nach Puttgarden und nahm mir vor mit der Bahn bis nach Lübeck zu fahren. Wieder mit der Prämisse, dass ich jederzeit an einem Bahnsteig oder davor Bushaltestelle aussteigen und nach Hause fahren kann.
Als ich wieder begann zur Schule zu gehen, fuhr anfangs allerdings in der Stadt nicht mit dem Bus, sondern noch mit einem Taxi. Später, als ich wieder sicherer war beim Fahren mit Bus und Bahn, stieg ich auch wieder in den Stadtbus, aber auch dort mit dem Gedanken, ich kann jederzeit aus dem Bus raus und anders an mein Ziel kommen, oder zurück. (Ich musste allerdings nicht mehr lange mit dem Stadtbus fahren, da ich dann ein Internat besuchte).
Aber auch diese Fahrten schaffte ich, ohne eine Attacke zu erleiden.
Dabei griff ich allerdings noch auf einen weiteren Trick zurück. Ich lenkte mich ab, in dem ich auf meinem Handy Spiele installierte und über den iPod Musik hörte. Während der Fahrt spielte ich die Spiele und hörte Musik. So war ich komplett abgelenkt und konnte mich nicht auf mich konzentrieren.
Weiterhin half und hilft es mir, dass ich immer etwas zu trinken (meistens ist es bei mir Wasser) im Rucksack habe. Wann immer ich ein „eigenartiges“ Gefühl in mir bemerke, trinke ich etwas. Mich lenkt es ab und ich vergesse das Gefühl.
Außerdem setzte ich mich in Bussen und Bahnen immer an den Außenplatz. Das gab mir eine weitere Sicherheit, dass ich jederzeit aus dem Fahrzeug aussteigen kann.
Übrigens wende ich das auch heute in Hörsälen und Seminarräumen an. Ich setze mich nie in die Mitte, sondern immer nach außen, so dass ich jederzeit den Raum verlassen kann.
So schaffte ich es, wieder Vertrauen in das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu finden und wieder ohne Paniken zu leben. Ich bin in der Zeit nicht einmal aus einem Bus oder der Bahn ausgestiegen. Allein das Wissen, ich könnte, wenn ich wollte, beruhigte mich und dazu lenkte ich mich ab.
Am Ende noch einmal, das hat bei mir funktioniert. Es ist nicht gegeben, dass dies bei anderen auch so unkompliziert und auf eigenes Bestreben ohne fachliche Hilfe funktioniert. Daher kann und sollte dies niemand anderes so anwenden. Ich möchte damit nur Mut machen, dass man es irgendwann schaffen kann.
Das nichts auf einmal gegeben ist, aber mit kleinen Schritten und vielleicht auch Rückschritten zu schaffen ist. Gebe dich nicht auf, irgendwann schaffst du es auch, wenn es dir ähnlich ergeht.
Mich hat das ganze auch ein großes Stück gestärkt.
Greetz
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