Mom, in den letzten Jahren haben wir oft gestritten. Oft waren wir anderer Ansichten. Doch genauso oft, waren wir der gleichen Meinung und unterstützen unsere Meinungen gegenseitig.
Oft sah ich Dich als zu streng an. Doch genauso oft wusste ich, Du bist nicht streng. Wenn es wichtig war, hast Du zu mir gestanden.
Oft habe ich Dich nicht in deinem Tun und Machen nicht verstanden. Oft habe ich Dich aus diesem Grund kritisiert. Oft viel zu hart.
Tschüss, wir sehen uns wieder
Als ich aus der Tür ging, sagte ich: „Tschüss, wir sehen uns wieder… Auf Wiedersehen. Ich lieb Dich!“
Mir hat mal jemand erzählt, dass man niemals von geliebten Menschen weggeht, ohne ihnen „auf Wiedersehen“ gesagt zu haben, ansonsten wäre das ein schlechtes Omen und man wisse ja nicht, ob man den geliebten Menschen wirklich wiedersehen würde, ob der Mensch noch am Leben sei.
Als ich aus der Tür ging, sagtest Du das gleiche zu mir und wie immer sagtest Du: „Pass gut auf Dich auf.“ Dann hast Du die Tür geschlossen und ich ging davon.
Nie hätte ich gedacht, dass es das letzte Mal sein soll, dass ich Dich so sehe, wie an dem Morgen, an dem unser Zuhause verließ.
Es vergingen die Tage
Es vergingen die Tage und drei Wochen. Irgendwie kam zu einem Missverständnis am Telefon zwischen Paps und mir. Ich glaube, Du hattest Angst, ich könnte nie wiederkommen. Ich konnte dir nicht sagen, dass ich bestimmt wiederkomme und nicht gleich ausziehe.
Dann in der Nacht, die SMS und dann der Anruf. Was ich erfuhr, sollte unser Leben verändern – Deines, Paps, Davids und meines.
Wie ein Roboter – Ich muss nach Hause
Es war genau 1:12 Uhr, fast die Zeit, die wir schon einmal hatten. Ich erfuhr noch nebulös, was zuhause geschehen war. Nahezu kopflos verlies ich den Ort, an dem ich war. Ich war wie ein Roboter gesteuert und lief zu einem Taxi. Ganz egal, was die Fahrt kosten sollte, ich musste nach Hause, sofort!
Zwei Stunden Fahrt mit dem Taxi und ich war bei Paps. Doch auch da, schien es nur etwas kleines zu sein. Nichts, was man nicht mit Geld hätte ersetzen können und nichts, was man nicht nach einem Wochenende oder einer Woche zur Kontrolle im Krankenhaus hätte kurieren können.
Nichts ist mehr, wie es war
Doch es war nicht so. Das Ausmaß allem, was geschehen sollte, erschien schon am nächsten Tag, am Samstag kurz nach 10 Uhr und dann noch einmal kurz nach 14 Uhr. Doch auch jetzt konnte man sagen und hoffen, alles wird gut.
Hoffnung für Mom?
Vierzehn Tage später – nichts wird gut und Hoffnung auf ein „so wie es früher war“ scheint es nicht mehr zu geben. Ich stehe vor deiner Ärztin, mit dir im Zimmer, Du wachst nicht einmal auf, als wir neben dir sind.
Papi sitzt auf einem Stuhl. Er scheint wie teilnahmslos, obgleich er ja auch Arzt ist.
Deine sehr junge Ärztin spricht mit mir in Fachtermini, als wäre ich ein Studienkollege von ihr. – Klar, sie weiß, dass auch ich Medizin studiere. Ich wirke vielleicht professionell, kühl, emotionslos.
Doch was bei ihren Worten in meinem Kopf schwirrt, das sieht zum Glück keiner.
Und trotzdem ich es in der Theorie gelernt habe, bin ich doch in Kopf in diesem kleinen Augenblick, wie ein kleines Kind: hilflos, verzweifelt und ohne Schutz!
Ich sehe zu Papa, ich sehe wie er gerade, wie ich im Herzen zerbricht. Bestimmt noch stärker, als er es zeigt. Ich kenne ihn.
Mom ist nicht ansprechbar
Du bist nicht ansprechbar. Auch als die Ärztin geht, versuche ich noch einmal Dich zu wecken.
Sie sagte doch, Du warst heute Morgen ansprechbar und solltest wach werden können.
Papi hofft, ich sehe es, dass ich Dich wecke.
Ich streichle über deine Hand. Sie wirkt kalt, ist es nicht und sie sieht so blas aus. Doch dein Gesicht ist so voller Leben. Du bist meine Mommy, Du wirst wissen, wie laut ich heulen will. Doch ich darf nicht. Ich muss doch stark für Papi sein.
Und wieder sehe ich, wie Papi ein Stück weiter zerbricht.
Als wir gehen, drehen wir uns zu dir um. Du schläfst noch immer.
Papi guckt, ich sehe, er will weinen. Doch auch er will stark sein und zugleich zerbricht er.
Mom, kämpf, bitte Kämpf!
Mommy, ich weiß, ich bin oft hart mit dir ins Gericht gegangen. Es gab Dinge, die uns belasteten, aber niemals, aber niemals, sollte das so sein.
Mom, Du weißt doch, wir brauchen Dich. Daddy braucht Dich, er braucht Dich doch so sehr.
Vielleicht zeigt er es nicht so, aber Du weißt doch, wie er Dich braucht.
Wenn Du sehen könntest, wie er zerbricht.
Du brauchst ihn doch auch. – KÄMPF, KÄMPF!!!
Wir alle sind so erzogen, dass wir Gefühle versuchen nicht auszudrücken.
Mom, ich liebe Dich!
Lieber Gott, nicht für mich, sondern für Mom und Dad bitte ich Dich. Bitte lasse ein Wunder geschehen! Lasse die Ärzte sich irren.
Paps braucht Mommy doch. :'( Bitte!
Kommentar verfassen